Die Vielfalt des „Neuen Bauens“
Der Ortsteil Siemensstadt liegt am Ostrand des Berliner Bezirks Spandau und trägt seinen Namen aufgrund der Werke des Siemens-Konzerns, die hier Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut wurden. In den folgenden Jahrzehnten wuchs die Wohnbebauung. Noch in den 1970er-Jahren ergänzten neue Wohnungen die Siedlung. Dementsprechend groß ist heute die architektonische Vielfalt. Der wohl bekannteste Teil ist aber die Ringsiedlung Siemensstadt.
Mit rund 3.600 Wohneinheiten ist die Siemensstadt die größte Siedlung der Deutsche Wohnen. 1.370 dieser Wohnungen gehören wiederum zur Ringsiedlung. Erbaut wurde sie zwischen 1929 und 1934 von Mitgliedern der innovativen Architektenvereinigung „Der Ring“. Die sechs Architekten Otto Bartning, Fred Forbat, Walter Gropius, Hugo Häring, Paul-Rudolf Henning und Hans Scharoun verwirklichten in der Siedlung ihre Ideale von modernem Städtebau. Sie alle waren Vertreter des „Neuen Bauens“, setzten auf funktionale Wohnungsgrundrisse und verzichteten auf jede überflüssige Dekoration.
Trotz aller Gemeinsamkeiten schufen die Architekten eine erstaunlich vielfältige Siedlung. Vom Gropius’schen Funktionalismus über die Raumkunst Scharouns bis hin zum organischen Formenreichtum Härings ist die gesamte Spannbreite des „Neuen Bauens“ sichtbar.
Eines der kennzeichnenden Gebäude ist der „Lange Jammer“ von Otto Bartning. Dabei handelt es sich um ein Wohngebäude mit einer Länge von 340 Metern, das sich in einer sanften Kurve zieht.
Die Menschen in der Siemensstadt
In den Jahren zwischen 2009 und 2016 sanierte die Deutsche Wohnen die Ringsiedlung umfangreich und denkmalgerecht. Im Rahmen dieser Arbeiten wurden ein Großteil der Dächer, der Treppenhäuser sowie zahlreiche Fassaden und Balkone denkmalgerecht instand gesetzt und viele Grünanlagen neugestaltet. An den Kellerdecken und in den Dachgeschossen wurden energetische Sanierungen vorgenommen und die Fenster ausgetauscht bzw. überarbeitet. Zudem wurde der Spielplatz in der Goebelstraße neugestaltet und mit einem Streetball-Feld, Tischtennisplatten, Schaukeln sowie einem Kletter- und Krabbelbereich ausgestattet.
Die Ringsiedlung Siemensstadt wurde im Juli 2008 als eine von sechs Siedlungen der Berliner Moderne in die UNESCO-Weltkulturerbeliste aufgenommen.
Weitere Informationen zur Ringsiedlung
Bezirke: Charlottenburg-Wilmersdorf und Spandau
Ortsteil: Siemensstadt, U-Bahnhof Siemensdamm
Straßen: Geißlerpfad, Goebelstraße, Heckerdamm, Jungfernheideweg, Mäckeritzstraße
Gesamtfläche: 19,3 ha
Anzahl Wohnungen: 1.370
Wohnungsgrößen: 1 bis 3 ½ Zimmer (davon 90 % bis 2 ½ Zimmer)
Erbaut: 1929 bis 1934
Gesamtleitung: Martin Wagner
Städtebaulicher Entwurf: Hans Scharoun
Architekten: Hans Scharoun, Walter Gropius, Otto Bartning, Fred Forbat, Hugo Häring, Paul R. Henning
Haustechniker: Max Mengeringshausen
Freiraumplaner: Leberecht Migge
Bauherr: Gemeinnützige Heimstättengesellschaft Primus mbH der Stadt Berlin
Sanierung: denkmalpflegerisches Erneuerungsprogramm seit 1982
UNESCO Weltkulturerbe: seit 2008
Eigentümerin: Deutsche Wohnen
Stärker noch als die zeitgleich entstandene Weiße Stadt nimmt die Großsiedlung Siemensstadt das moderne Modell der aufgelockerten, durchgrünten Stadt vorweg und weist den Weg zum Wohnungsbau der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.
Den Beinamen „Ringsiedlung“ erhielt das Projekt, weil außer Henning und Forbat alle beteiligten Planer (einschließlich des Stadtbaurats Wagner) Mitglieder der Architektengemeinschaft „Der Ring“ waren.
Scharoun richtete die Zeilenbauten streng in Nord-Süd-Richtung aus. Der alte Baumbestand blieb erhalten und betonte von Beginn an den landschaftlichen Charakter der Anlage. Architektonisch ergibt sich trotz der strengen städtebaulichen Figur ein vielgestaltiges Siedlungsbild. Es zeigt die ganze Spannbreite des Neuen Bauens und reicht vom kühlen Funktionalismus eines Walter Gropius über den stark differenzierenden Entwurfsstil Scharouns bis zum organischen Formenreichtum Hugo Härings.
In dem signifikanten, denkmalgerecht sanierten Pavillon-Bau in der Goebelstraße/Ecke Geißlerpfad, gebaut vom Architekten Fred Forbat im Jahre 1929, hat die Deutsche Wohnen einen Informations-Standort eingerichtet. Betreiber ist das auf Architekturstadtführungen spezialisierte Büro „TICKET B - Architektur erleben“. Der Standort soll ein Anlaufpunkt für alle an dem Thema Interessierten, für Fachtouristen ebenso wie für die Anwohner sein, die sich über die UNESCO-Weltkulturerbesiedlungen informieren wollen. Dafür wird vor Ort als Beispiel die Großsiedlung Siemensstadt präsentiert - unter anderem anhand eines wandhängenden Modells der Siedlung im Maßstab 1:500, das von der Senatsverwaltung zur Verfügung gestellt wurde. Weiterhin werden Prospekte, Karten und zum Thema passendes Informationsmaterial angeboten, Fachbücher und Pläne verkauft, sowie Architekturführungen und -fahrten durchgeführt. Dafür steht auch ein Büroarbeitsplatz zur Verfügung. Espresso und Erfrischungsgetränke laden zum Verweilen ein.
In den flexibel gehaltenen Räumen sind themenbezogene Besprechungen, Seminare, Schulungen und Präsentationen möglich. Der Pavillon hat 38 Sitzplätze und kann für Veranstaltungen gemietet werden. Beamer und Projektions-Leinwand sind vorhanden. Im Sommer lässt sich der Außenbereich tagsüber für zwei bis drei Tische nutzen.
Adresse:
Goebelstraße 2
13627 Berlin
Tel. 030 420 269 620